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Superlativen und Spitzfindigkeiten

Verfasst: Mi 9. Apr 2025, 07:59
von gwag
In kaum einer anderen Branche wird einerseits so viel heruntergespielt und andererseits übertrieben wie von Seiten der Atomindustrie. Dass es damit zu einer Umkehr der Tatsachen kommen soll, bemerkt man beim Anti Atom Komitee schon länger. Einerseits werden eine kaum wahrnehmbare Bedeutung oder Fort­schritt­lich­keit aufgeblasen, im Gegensatz dazu aber Risiken, Abhängigkeiten oder Kosten bagatellisiert.
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Ungeachtet dessen, dass der Anteil von Atomkraft am Gesamtenergieverbrauch verschwindend gering ist und das auch bei einer, wie die Absicht wäre, Verdreifachung bliebe, ist die Rede von einer Unverzichtbarkeit für die künftige Energieversorgung.
Weil genaue Angaben das Gegenteil unterstreichen würden, wird so beispielsweise behauptet, dass „80 % des zusätzlichen Stromverbrauchs von Erneuerbaren und Atomkraft“ gedeckt würden, ohne auf das Verhältnis einzugehen. – Genauso gut ließe sich feststellen, dass die EU und das Fürstentum Andorra gemeinsam einen bedeutenden Wirtschaftsraum bilden. Dass der Beitrag von Atomstrom dazu marginal ist, wird damit kühn verschleiert. „Es ist in Wahrheit ein Debakel der Atomlobby, das uns so formuliert als Erfolgsmeldung verkauft werden soll“, stellt Gerold Wagner fest.
Öfters hört man auch, dass Atomkraft zu den „sichersten Energieformen“ gehöre, es sei ja noch nie ernsthaft etwas passiert. Nur einmal vielleicht in Tschernobyl, als die Sowjets an einem Reaktor herumgespielt haben … Alles andere, Majak, Harrisburg, Sellafield oder Fukushima sind für die Atomlobby höchstens Bagatellen. Außen vor bleiben ohnehin die Langzeitfolgen für Mensch und Umwelt. – Im Fall von Harrisburg, 1979 Schauplatz eines GAUs, der Block 2 ist bis heute nicht betretbar, spricht man neuerdings von einer „Legende“.
Lieblingsbegriff und Hoffnungsträger der Atomlobby zugleich, dazu nicht ganz klar definiert, ist die Abkürzung „SMR“ für „Kleine Modulare Reaktoren“. Es soll die Vorstellung entstehen, dass sie klein, harmlos und fortschrittlich sein sollen. „Aktuell können wir sogar bestätigen, dass keine Gefahr davon ausgeht, weil es sie nicht real gibt“, schmunzelt Manfred Doppler.
Von diesem winzigen Detail abgesehen sollen sie indessen überall aufpoppen können, wo Energie benötigt wird, völlig unbedenklich, spottbillig und zur Not auch unterirdisch und autonom. – Super Idee! Auch wenn ein Reaktor autonom arbeiten könnte, müssen die selben Sicherheitsvorkehrungen vorhanden sein wie bei herkömmlichen AKWs, schon um zu verhindern, dass gefährliche Stoffe in falsche Hände geraten oder um Anschlägen beziehungsweise Sabotage vorzubeugen. Auch wenn ein Reaktor im Boden verschwindet, wird im Fall eines Unfalls der Druck an der schwächsten Stelle, also wahrscheinlich nach oben hin entweichen. Dazu steigt die Gefahr der Verseuchung des Grundwassers.
„Wenn schon behauptet wird, dass Atomkraft plötzlich so sicher sei, dass noch nie etwas passiert sei, dann könnten ja die Hersteller und die Betreiber als ersten Schritt in vollem Umfang die Haftung dafür übernehmen“, meint Gerold Wagner.